Anzeige erstatten – ja oder nein?

Vielleicht überlegen Sie, eine Vergewaltigung anzuzeigen. Vielleicht haben Sie angezeigt und fragen sich, wie es weitergeht. Mit diesen und allen weiteren Fragen können Sie sich an uns wenden. Die folgenden Informationen geben einen ersten Überblick über das Strafverfahren und über Rechte, die Sie im Falle einer Anzeige wahrnehmen können. In einem telefonischen oder persönlichen Gespräch informieren wir Sie gerne ausführlich.

(Anmerkung: Bezogen auf die Stadt Münster stehen die Anschriften der hier genannten Behörden im Adressteil)

Die Entscheidung treffen Sie

Einige Frauen und Mädchen belastet das Verfahren erheblich. Anderen hilft es, die Gewalterfahrung zu verarbeiten. Die Entscheidung für oder gegen eine Anzeige sollte sich allein nach Ihren Bedürfnissen richten.

Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Frauen-Notruf können Sie darin unterstützen.
Im Gespräch können wir auf Ihre persönliche Situation eingehen und gemeinsam klären, welcher Weg für Sie der richtige ist.

Informationen zum Strafverfahren

Eine Vergewaltigung verjährt nach 20 Jahren. 
Eine frühzeitigere Anzeige ist oftmals sinnvoll. Sie müssen aber nicht sofort anzeigen.

Eine einmal gestellte Anzeige kann nicht mehr zurückgenommen werden.
Vergewaltigung ist ein Verbrechen: Sobald die Staatsanwaltschaft oder die Polizei von einer Vergewaltigung erfahren, sind die Behörden verpflichtet, die Tat weiter zu verfolgen.

Zu einem Gerichtsverfahren kommt es, wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt und das Gericht einen Termin für die Verhandlung festlegt.
Bis zu einem Gerichtsverfahren können Monate, ein Jahr oder mehr Zeit vergehen.

Sie können eventuelle Beweismittel gerichtsverwertbar aufbewahren.
An Kleidungsstücken und ähnlichen Gegenständen befinden sich eventuell Spuren des Täters. Diese können rechtsmedizinisch auch noch zu einem späteren Zeitpunkt untersucht werden. Dafür sollten Sie Kleidungsstücke u. Ä. ungewaschen, trocken und einzeln in Papiertüten (keine Plastiktüte!) aufbewahren. Im Münsteraner Institut für Rechtsmedizin werden entsprechende Beweismittel ganz unabhängig von einer Anzeige aufbewahrt. Diese anonyme Beweissicherung ist auch in weiteren Städten möglich. Wir können Sie darüber informieren.

Die ärztliche Untersuchung kann zur weiteren Beweissicherung beitragen.
Ein frühzeitiger Arztbesuch dient vor allem Ihrer gesundheitlichen Versorgung. Wenn es Ihnen möglich ist, sollten Sie sich vor der Untersuchung nicht waschen. Gegebenenfalls können dann z.B. Sperma oder andere Spuren untersucht und auch bei einer späteren Anzeige als Beweise genutzt werden. Empfehlenswert ist auch, dass Sie sich ein ausführliches Attest ausstellen lassen, in dem eventuelle Verletzungen und alle Untersuchungsergebnisse festgehalten sind. Weitere Informationen zur ärztlichen Versorgung und Beweissicherung lesen Sie bitte hier nach: Ärztliche Versorgung nach einer Vergewaltigung

Auch ohne eine ärztliche Untersuchung und ohne weitere Beweise kann eine Anzeige für Sie sehr sinnvoll sein und Erfolg haben!

Anzeige und rechtliche Möglichkeiten

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Anzeige zu stellen.
Eine Anzeige kann schriftlich, telefonisch oder persönlich bei der Staatsanwaltschaft oder Polizei gestellt werden. Rund um die Uhr können Sie bei jeder Polizeidienststelle anzeigen. Dort findet oft eine kurze Anzeigenaufnahme statt. Eine ausführliche Befragung zur Tatsituation erfolgt zumeist später durch eine Polizeibeamtin des Fachkommissariats. Zu den üblichen Bürozeiten können Sie auch direkt einen Termin bei dem Fachkommissariat vereinbaren und dort anzeigen.

Bei der Polizei haben Sie das Recht, von einer Frau befragt zu werden.
Eine Beamtin steht immer in Bereitschaft. Sie können sie zu jeder Uhrzeit rufen lassen.

Die Befragung ist ausführlich und für das weitere Verfahren sehr wichtig.
Meistens dauert die Befragung mehrere Stunden. Sie können Pausen einlegen. Auf das Aussageprotokoll stützt sich das weitere Verfahren. Unterschreiben Sie daher nur, wenn alle Angaben stimmen. Änderungen werden sofort aufgenommen. Dies ist auch später möglich, z.B. wenn Sie sich dann an weitere Einzelheiten erinnern. Für diese Fälle ist es nützlich, dass Sie sich den Namen der Beamtin und das Datum der Befragung notieren.

Bei der Befragung haben Sie das Recht, sich von einer Person Ihres Vertrauens oder von einem Rechtsbeistand begleiten zu lassen.
Im Unterschied zu einem Rechtsbeistand darf eine Vertrauensperson bei der Befragung eventuell nicht anwesend sein. Die Anwesenheit ist z.B. ausgeschlossen, wenn Ihre Begleitperson als Zeugin/Zeuge befragt werden könnte.

Bei einer Anzeige haben Sie das Recht auf Nebenklage und anwaltliche Vertretung.
Sobald Sie sich für eine Anzeige entscheiden, können Sie einen Rechtsbeistand beauftragen und Nebenklage beantragen. Ohne Nebenklage haben Sie den Status einer reinen Zeugin. Mit Nebenklage wird Ihre rechtliche Position während des gesamten Verfahrens sehr gestärkt. Sie können dann z.B. die Ermittlungsakte einsehen und eigene Beweisanträge stellen. Zudem werden Sie vor, während bzw. nach der Gerichtsverhandlung anwaltlich beraten und vertreten. Als Nebenklägerin entstehen für Sie keine Kosten. Diese werden unabhängig von Ihrem Einkommen und unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens übernommen. Nebenklage kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beantragt werden.

Auch unabhängig von einer Anzeige ist eine anwaltliche Beratung oftmals sinnvoll.
Ein Gespräch mit einer Anwältin oder einem Anwalt kann Sie z.B. in Ihrer Entscheidungsfindung unterstützen. Bei geringem Einkommen werden die Kosten für die Erstberatung übernommen.

Prozessbegleitung

Fachliche Unterstützung und Begleitung können hilfreich sein.
Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Frauen-Notruf unterstützen Sie z.B. bei der Suche nach einem erfahrenen Rechtsbeistand. Wir begleiten Sie zur Polizei, zu Anwältin oder zum Anwalt, zur Ärztin oder zum Arzt und zu der Gerichtsverhandlung. Rufen Sie uns an oder vereinbaren Sie einen ersten Termin mit Ihrer Prozessbegleiterin.

Rufen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.

0251/34443