Sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz

"Sexuelle Belästigung ist jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das sich in unerwünschter verbaler, nicht-verbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird". Diese Definition stammt vom Europäischen Parlament und ist Bestandteil der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie.

Sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz reicht von anzüglichen Bemerkungen und taxierenden Blicken über scheinbar zufällige Berührungen bis hin zu sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Auch das Versprechen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entgegenkommen oder die Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung sind häufige Formen, mit denen Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt werden. Die physische und psychische Grenze der Frau wird bewusst überschritten. Die Täter sind Kollegen, Vorgesetzte, aber auch Kunden oder Patienten.

Das Ausmaß

Das Ausmaß sexualisierter Belästigung am Arbeitsplatz belegt eine Studie vom Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (1991). Danach wurden 75 % aller befragten Frauen an ihrem Arbeitsplatz schon mindestens einmal sexuell belästigt.

Nach der oben genannten Studie musste:

  • jede 2. Frau Hinterherpfeifen, taxierende Blicke und anzügliche Witze erleben
  • jede 3. Frau Pokneifen oder -klapsen sowie pornographische Bilder am Arbeitsplatz ertragen
  • fast jede 4. Frau das Anfassen ihrer Brust erfahren

Folgen sexualisierter Belästigung

Die Folgen sexualisierter Belästigung sind vielschichtig. Sie können physische und psychische Probleme hervorrufen, wie z.B. Angstzustände, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Selbstwertprobleme, Magen-Darm-Erkrankungen oder auch Depressionen und Essstörungen. Um der Situation zu entgehen, kündigen viele Frauen oder sie lassen sich versetzen. Arbeitslosigkeit oder geringerer Verdienst sind häufige Folgen.

Wer sind die Opfer – Wer sind die Täter

Unabhängig von ihrem Aussehen und Verhalten kann jede Frau von sexualisierter Belästigung am Arbeitsplatz betroffen sein. Am stärksten sind jedoch Frauen betroffen, die sich in einer ungesicherten Position befinden. Dazu gehören z.B. Frauen, die erst seit kurzem im Betrieb arbeiten, in einer niedrigen Position stehen oder in einem ungesicherten Arbeitsverhältnis tätig sind. Besonders stark gefährdet sind Auszubildende und Berufsanfängerinnen.

Sexualisierte Belästigung wird von den Tätern oft ausgeübt, um Frauen am beruflichen Aufstieg zu hindern.

Die Täter sind durchschnittlich zwischen 40-50 Jahre alt und leben in einer festen Beziehung oder Ehe. Sie sind zumeist 10 Jahre und länger in dem Betrieb angestellt und verfügen über eine gesicherte Position.

Das können Sie tun, wenn Sie sexuell belästigt werden

  • Nehmen Sie Ihre Empfindungen ernst!
  • Bleiben Sie nicht alleine! Erzählen Sie Vertrauenspersonen, z.B. Freund_innen, Arbeitskolleg_innen von der sexualisierten Belästigung. Sexualisierte Belästigung ist eine schwierige Situation für Sie, holen Sie sich professionelle Unterstützung, z.B. bei der Beratungsstelle Frauen-Notruf, oder stärken Sie sich mit einem Selbstbehauptungs- oder Selbstverteidigungskurs.
  • Versuchen Sie, sich sofort und offensiv gegen eine Belästigung zu wehren. Weisen Sie die Belästigung schon beim ersten Vorfall energisch zurück, wenn möglich so laut, dass andere den Vorfall mitbekommen.
  • Vielen Frauen fällt es schwer - aber Sie dürfen sich auch körperlich wehren (z.B. durch eine Ohrfeige).
  • Notieren Sie sich Ort, Datum und Tathergang. Sie können z.B. einen Brief an den Belästiger schreiben, in dem Sie sein Verhalten entschieden kritisieren und zurückweisen. Behalten Sie eine Kopie und überreichen Sie den Brief am besten im Beisein von Zeugen.
  • Zeigen Sie dem Belästiger, dass Sie sein Verhalten nicht billigen. Drohen Sie mit einer Beschwerde.
  • Wenden Sie sich bei wiederholten Belästigungen an Vorgesetzte, zuständige Frauenbeauftragte oder Mitarbeiter_innen des Betriebs- bzw. Personalrats.
  • Greifen Sie ein, wenn Sie Zeuge oder Zeugin einer sexuellen Belästigung werden sollten. 

Rechtliche Schritte

Jede belästigte Person hat das Recht, sich über sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz zu beschweren und darf daraus keine persönlichen oder beruflichen Nachteile erwarten! Dieses Recht ist seit 2006 im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verankert.

Wenn Sie belästigt worden sind, können Sie folgende Schritte unternehmen

  • Offizielle Beschwerde innerhalb des Betriebes oder der Verwaltung, z.B. Vorgesetzte oder Vorgesetzter, Gleichstellungsbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragter, Personalrat.
  • Anzeige zur strafrechtlichen Verfolgung
  • Klage beim Arbeitsgericht

Vor jedem rechtlichen Schritt empfiehlt es sich, eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, z.B. durch Rechtsanwält_innen oder die Beratungsstelle Frauen-Notruf.

Rufen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.

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